Einfach nur verrückt…
Nachdem unser Projekt BMW X7 (s. a. 4Wheel Fun März 2003) vor gut einem Jahr fertig geworden ist und wir die letzen 4-Stunden-Rennen in Tollwitz als Testfahrten genutzt hatten, wollten wir es jetzt endlich wissen: 24-Stunden-Rennen in Dobrany!
Die intensive Vorbereitung begann schon im August. Unser Auto hatte beim letzten Einsatz doch sehr gelitten, und somit wurden der Motor gewechselt, die Achsen überholt und eine völlig neue Halterung für die Motorhaube entwickelt.
Nach einigen Nachtschichten starteten wir nun endlich am 18. September 2003 gegen 22 Uhr in Richtungen Tschechische Republik. Die Fahrt mit unseren zwei Transportern samt Hängern dauerte gut fünf Stunden, und somit kamen wir dann mitten in der Nacht auf dem Gelände an. Nach kurzem Schlaf machten wir uns am Freitagmorgen gleich daran, unser Camp aufzubauen und die technische Abnahme für das Fahrzeug zu realisieren. Alles klappte reibungslos, und somit stand auch einer ersten Trainingsfahrt nichts mehr im Wege. Seppel und Uwe machten sich startklar und ging raus auf die Strecke. Gespannt warteten Robert und ich darauf, was sie wohl sagen würden und wie die Bedingungen aussehen… Der Rundkurs von ca. 7 km stellte kein unüberwindbares Hindernis dar, jedoch hatte es sehr lang nicht geregnet, der Boden war hart, unendlich viele Rillen und viel, viel Staub! Nun gut, dies ließ sich halt nicht ändern, und außerdem sollte es auch ein Offroad-Rennen sein – und wir waren nicht zum Spaß da! Als am Freitagabend unsere vier Service-Leute Öli, Philli, Kiffi und Knalli eintrafen, war das Team endlich komplett, und wir konnten den Startschuß am Samstag gegen 12 Uhr kaum noch erwarten.
Der Renntag zeigte sich von seiner besten Seite. Blauer Himmel, Sonnenschein und Temperaturen um die 30°C sind zum Baden ja ganz nett, jedoch ging auch kein Wind, und dieses sollte allen Beteiligten noch ziemlich zu schaffen machen. Zuerst einmal tauften wir den X7P standesgemäß mit einer Dose Bier auf den Namen „Halte durch, Du Mistkarre“, fuhren dann zur Fahrzeugpräsentation und danach gleich zum Start. Der Startschuß fiel genau 12 Uhr. Mehr als 40 Autos gingen ins Rennen, wobei wir das einzige ausländische Team waren. Seppel und ich fuhren die ersten vier Stunden und hatten ziemlich mit dem Staub auf der gesamten Strecke zu kämpfen. Teilweise konnten wir überhaupt nichts sehen und sind einfach blind irgendwelchen vorausfahrenden Bremslichtern gefolgt. Gegen 16 Uhr kamen wir zum ersten Fahrerwechsel ins Camp. Das Auto hatte schon ziemlich gelitten, was bedeutete, daß die vorderen Stoßdämpfer wegen Überlastung explodierte waren, ein Motorlager gerissen war, die vorderen Karosserieaufnahmen eingerissen waren und unser vorderes Differential Öl verlor…
Der kleine Service dauerte gut eine Stunde, und danach gingen Robert und Uwe ins Rennen. Endlich Pause für den Rest der Mannschaft und Daumendrücken, daß das Auto durchhält.
Gegen 21 Uhr stand der nächste Fahrerwechsel an. Die beiden kamen pünktlich rein und hatten auch reichlich Arbeit mitgebracht. Unsere Karosserie war durch die ständigen Vibrationen weiter gerissen, die Motorhaube machte sich selbstständig, wir hatten Temperaturprobleme, und unser vorderes Diffi verlor weiter Öl. Das Schlimmste war jedoch, daß wir vorn keine Stoßdämpfer mehr hatten, wodurch ein oberer Anschlag für die Vorderachse fehlte und diese bis zur Riemenscheibe einfederte. Wir brauchten unbedingt einen Anschlag für die Achse, damit der Motor keinen Lagerschaden bekäme!
Nachdem diese „Kleinigkeiten“ in gut einer Stunde Arbeit behoben waren, hieß es für Seppel und mich wieder Platz zu nehmen und die nächsten vier Stunden zu überstehen. Es war inzwischen 22 Uhr, der Staub noch schlimmer als am Tag und die Strecke auch keineswegs besser geworden. Es gab nur eine Devise – die Nacht überstehen und nicht allzuviel Schaden am Auto machen! Die Klappergeräusche wurden ignoriert, die Kopfschmerzen mit einer Tablette bekämpft, und dann spulten wir wieder eine Runde nach der anderen ab.
Beim erneuten Fahrerwechsel gegen zwei Uhr gab es nicht viel zu tun, zumal die Stabilisierungsmaßnahmen an der Karosserie eh vergebens gewesen waren. Wo wir etwas geschweißt hatten, da hielt es jetzt zwar, jedoch kam dann ein neuer Riß genau daneben…
Inzwischen war es nach 2 Uhr. Robert und Uwe waren auf der Strecke, und wir konnten uns endlich einige Stunden hinlegen. Vom erholsamen Schlaf war jedoch keine Rede, denn genau neben unseren Transporter hatte das Nachbarteam sein Notstromaggregat aufgebaut, und dieses lief ununterbrochen. Abgesehen davon waren auch sonst im gesamten Camp Flex- und Reparaturarbeiten zu hören. Ich hatte das Gefühl, gerade erst eingeschlafen zu sein, da hörte ich schon wieder unser Auto ins Camp kommen und sogleich Robert rufen: „Alle Mann aufstehen, wir haben ordentlich Arbeit mitgebracht!“ Es war inzwischen 5.45 Uhr, und das Team hatte es vorgezogen, etwas eher in die Box zu kommen, da unsere Motorhaube kurz vorm ungewollten Abwurf stand und auch die Karosserie gar merkwürdige Geräusche machte, so daß Robert in einer Kurve schon dachte, sie spränge vom Rahmen.
Mit Ratschengurten und diversen Schweißnähten wurde der Vorderbau stabilisiert, und gegen 7 Uhr waren Seppel und ich schon wieder im Rennen. Nur noch drei Stunden durchhalten und dann das Fahrzeug einigermaßen heil zum letzten Wechsel übergeben! Die Klappergeräusche haben wir schon gar nicht mehr gehört, und auch die Schultern schmerzten jetzt nicht mehr.
Pünktlich gegen 10 Uhr kamen wir rein, machten nur noch einen kurzen Check und hofften, daß unser Fahrzeug die letzten beiden Stunden auch noch überstünde. Diesen Traum mussten wir gegen 11 Uhr dann begraben, da der Motor plötzlich recht merkwürdige Geräusche machte. Lagerschaden, lautete die Einschätzung von Robert, und beim genaueren Hinsehen war zu erkennen, daß unser Anschlaggummi für die Vorderachse seinen Dienst quittiert hatte und die Vorderachse nun fröhlich die Riemenscheibe beim extremen Einfedern bearbeitete. Auf die Dauer wollte dies die Kurbelwelle nicht mitmachen, und entschied, diesem verrückten Treiben ein Ende zu bereiten. Um das Rennen doch noch beenden zu können, stellten Robert und Uwe das Fahrzeug auf der Strecke ab, warteten die restliche Zeit und fuhren dann mit klappernder Motorhaube und rasselndem Motor über die Ziellinie…
Damit wurden wir immerhin noch Zehnter in der Klasse unter 2000 ccm und waren auch mächtig stolz, daß unser kompletter Eigenbau diese Tortour überstanden hat.
Am Montagabend ist unser X7P dann noch alleine vom Hänger in die Garage gefahren und beim letzten Hochdrehen des Motor erst fest gegangen. Danke!
Mehr Fotos vom 24-Stunden-Rennen in Dobrany findet Ihr in unserer Fotogalerie.
(Text von Karsten Dorn)
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